Sterben und Tod

Der Notarzt

kommt. Eine Gehirnblutung. Wie erlebt der Sohn das Sterben seines Vaters?
Foto: flickr, Wiesbaden112.de

Schwere Tage im Krankenhaus

Walter R. (54 Jahre, Gymnasiallehrer, München) erzählt, wie es mit seinem Vater zu Ende ging. Sein Vater kam auf die Intensivstation. Die Frage war: überlebt er als Pflegefall oder wird er die Gehirnblutung nicht mehr überstehen?

“Meine Mutter hat uns um sechs Uhr früh angerufen und mitgeteilt, daß mein Vater – kurz vor seinem 80.Geburtstag – eine schwere Gehirnblutung erlitten hat. Er ist noch nicht sofort gestorben. Der Notarzt ist gekommen, und der hat den Schwerkranken umgehend ins Krankenhaus nach Rosenheim überwiesen. Er war dort dann in der Intensivstation, und ich bin – zusammen mit meiner Frau und den Kindern – mittags gleich zu ihm rein. Wir haben auf den zuständigen Arzt gewartet, und der eröffnete uns Angehörigen, wie es um meinen Vater steht.

Foto: flickr, jbvkoos
In unserem Fall ist das wirklich sehr einfühlsam gemacht worden, und gleichzeitig hatte man das Gefühl, dass dieser Arzt nicht den Tatsachen ausgewichen ist. Auch im nachhinein muss ich sagen: Er hat es gut gemacht. Er meinte, wenn die Sache vom Medizinischen her gut verläuft, kann die Blutung gestoppt werden, und mein Vater werde – aber sicher als Pflegefall – noch Wochen, Monate oder noch länger weiter leben können. In drei Tagen, so sagte er, würde sich das entscheiden. Andernfalls, wenn die Blutung nicht gestoppt werden kann oder andere Komplikationen dazukommen, müsse man mit dem Tod rechnen. Die Chancen stünden so 50 zu 50. Er machte uns die Lage sehr deutlich: einerseits die Überlebenschance, andererseits gleichzeitig die Nachricht, dass mein Vater – auch wenn er diese kritische Phase übersteht – ein Leben führen wird, das sowohl für ihn wie auch für uns die Katastrophe bedeuten würde. Wir wussten also überhaupt nicht, wie nun das alles weitergehen sollte. Gut, dass mein Vater – wie der Arzt sagte – in einem Zustand war, in dem er keine Schmerzen leiden musste. Das war uns auch sehr wichtig.

Aufgefallen ist uns in dieser Situation im Krankenhaus, wie sehr darauf geachtet wurde, dass der Kranke versorgt wird, dass er gewaschen wird, rasiert wird, überhaupt: dass die Menschenwürde gewahrt wird. Ich habe das bewundert. Er ist zum Beispiel noch an Ekzemen behandelt worden. Damit hat man gezeigt: Wir tun alles, was in unserer Kraft steht. Das Krankenhauspersonal spricht auch mit dem Kranken, obwohl er nie mehr zu Bewusstsein gekommen ist, weil das gesamte Gehirn so geschädigt war. Oft hört man nämlich: diese Todeskandidaten würden einfach abgeschoben und ganz anonym behandelt. Wir hatten nicht diesen Eindruck.”

 

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