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Vortrag von Hans Mommsen

Erinnerung und Selbstverständnis

Für die meisten Angehörigen der jüngeren Generationen ist der Holocaust und nicht der Nationalstaat der Bezugspunkt ihres politischen Bewußtseins

Der Text ist die gekürzte Fassung eines Vortrags, den Hans Mommsen auf Einladung der Stiftung Topographie des Terrors in Berlin hielt; die Zwischenüberschriften sind ergänzt.

Erinnerung an den Holocaust: unerträgliche Bürde oder zentraler Bezugspunkt? Die jüngsten publizistischen Auseinandersetzungen, die an die Rede Martin Walsers anläßlich der Verleihung des Friedenspreises des Börsenvereins des deutschen Buchhandels in Frankfurt am 11.Oktober 1998 anknüpfen, werfen die grundsätzliche Frage auf, welchen Stellenwert die Erinnerung an den Holocaust im Bewußtsein der Deutschen einnimmt. Ist das Erinnern an die Shoah und die Verbrechen, die in diesem Begriff zusammengefaßt sind, eine unerträgliche Bürde, die zur Verdrängung herausfordert, oder ist sie Bezugspunkt eines sich neu ausbildenden nationalen Bewußtseins in Deutschland, welches das nationalsozialistische Erbe als politische und moralische Herausforderung annimmt?
Tabus wurden beiseite geräumt Um sich einer Beantwortung dieser Frage zu nähern, ist es sinnvoll, den Weg nachzuzeichnen, den die öffentliche Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus im letzten halben Jahrhundert beschritten hat. Seit der Gründungsphase der Bundesrepublik hat sich das Bild der NS-Zeit grundlegend gewandelt. Eine Fülle von zunächst sorgsam behüteten Tabus ist inzwischen beiseite geräumt. Dies betrifft beispielsweise die Arisierung jüdischen Vermögens und die Beteiligung der Industrie, das Schicksal der sowjetischen Kriegsgefangenen in deutscher Hand, die Lage der Zwangsarbeiter in der deutschen Industrie, schließlich die aktive Mitwirkung der deutschen Unternehmen im System der nationalsozialistischen Kriegswirtschaft bis hin zur Komplizenschaft der Großbanken und Versicherungen.

In jüngster Zeit ist auch die Beteiligung der akademischen Intelligenz am "Generalplan Ost" und der intellektuellen Vorbereitung des Holocaust in den Vordergrund des Interesses der Forschung getreten, nachdem sie sich zuvor vor allem mit der Rolle der Ärzte und des Gesundheitswesens im Zusammenhang mit der Euthanasie und den Menschenversuchen in den KZ befaßt hatte. Es tritt immer deutlicher hervor, daß die deutschen Eliten ungleich stärker der verbrecherischen Politik des Regimes den Boden bereitet oder an ihr direkt und indirekt teilgenommen haben, als bisher angenommen wurde.

Womit sich die Forschung beschäftigte In den 50er und 60er Jahren stand begreiflicherweise die Frage nach den Ursachen der nationalsozialistischen Machtergreifung und der Etablierung des totalitären Führerstaates im Vordergrund des zeitgeschichtlichen Interesses.

Erst in einem zweiten Schritt begann sich die Forschung intensiv mit der Entwicklung des NS-Systems im Zweiten Weltkrieg zu beschäftigen. Sie nahm dabei auch die deutsche Besatzungsherrschaft in Frankreich, den Beneluxstaaten, schließlich im skandinavischen Raum in den Blick. Später wandte sich die Forschung der deutschen Herrschaft im Generalgouvernement und den besetzten Gebieten der Sowjetunion zu und beschrieb die Auswirkungen des von Hitler im Mai 1941 verkündeten Programms des "Rassenvernichtungskrieges". Die Öffnung der russischen Archive hat diese Untersuchungen wesentlich erleichtert.

Paradigmenwechsel: Der Holocaust im Zentrum der Betrachtung In dem Wandel der Forschungsgegenstände verbarg sich ein grundlegender Paradigmenwechsel, dessen wichtigste Folge darin bestand, daß das Geschehen des Holocaust in das Zentrum der Betrachtung rückte. Ursprünglich stand die Shoah nur am Rande des aus den Prämissen der Theorie der totalitären Diktatur abgeleiteten Geschichtsbildes, zumal sich der Genozid außerhalb des Altreiches und in Abschirmung vor der deutschen Öffentlichkeit vollzog. Anfänglich fand das Gedenken an den Novemberpogrom von 1938 im öffentlichen Bewußtsein weit größere Resonanz als das Geschehen in den Konzentrations- und Vernichtungslagern, zumal persönliche Betroffenheit noch anschaulich war. Das spiegelte sich auch darin, daß zahlreiche Gerichtsverfahren gegen diejenigen eingeleitet wurden, die an den Gewalttaten der "Reichskristallnacht" beteiligt gewesen waren. Die Geschehnisse des Holocaust traten erst mit dem Eichmann-Prozeß und dem Ulmer Einsatzgruppenprozeß Anfang der 60er Jahre in das öffentliche Bewußtsein.

Es dauerte jedoch noch beinahe zwei Jahrzehnte, bis sich die historische Forschung in Deutschland unmittelbar der Geschichte des Holocaust zuwandte, deren Bearbeitung sie bis dahin überwiegend ausländischen Historikern, in der Regel jüdischen Wissenschaftlern, überlassen hatte.

Die Last der Verantwortung auf vielen Schultern Im Zusammenhang mit der Intensivierung der Holocaustforschung rückten die Psychologie der Täter, der Zusammenhang von Judenvernichtung und völkischer Flurbereinigung und die Methoden des Rassenvernichtungskrieges in der Sowjetunion in den Vordergrund des Interesses. Die heute weit umfassendere Kenntnis des nationalsozialistischen Vernichtungsapparats hat schrittweise das Bild des NS-Regimes aufgefächert und die anfängliche Überbewertung der Rolle von SS und NSDAP samt der angegliederten Organisationen im Verhältnis zur Wehrmacht, zu den klassischen Ressorts und zum Auswärtigen Amt zurückgedrängt.

Dadurch verteilte sich die Last der historischen Verantwortung auf viele Schultern. Die pauschale Hervorhebung einzelner terroristischer Apparate, wie sie noch im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozeß überwog und in Eugen Kogons Formel vom "SS-Staat" zum Ausdruck kam, ist nicht mehr akzeptabel. Mehr denn je wird die Mitverantwortung breiter Teile der Funktionseliten des Dritten Reiches, des militärischen Führungsapparats, aber auch der allgemeinen und inneren Verwaltung und nicht zuletzt der Justiz für dessen verbrecherische Politik herausgestellt. Die jüngst in der Geschichtswissenschaft geführte Debatte über die Rolle so angesehener Historiker wie Franz Petri, Hermann Aubin, Hermann Heimpel, Werner Conze und Theodor Schieder und deren Nestor Hans Rothfels gehört in denselben Zusammenhang.

Mit größerem zeitlichem Abstand wachsendes moralisches Engagement Vor dem Hintergrund dieser öffentlichen Diskurse ist seit einer Reihe von Jahren eine wachsende Sensibilität gegenüber zeitgeschichtlichen Problemstellungen zu konstatieren, die der Annahme zu widersprechen scheint, daß mit größerem zeitlichen Abstand eine geringeres moralisches und politisches Engagement eintreten müßte. Diese Wende machte sich zuerst mit der unerwartet großen Resonanz auf Spielbergs Film "Schindlers Liste" bei der jüngeren Generation bemerkbar, setzte sich danach in einem rasch anwachsenden Absatz zeitgeschichtlicher Werke wie den Tagebüchern Victor Klemperers, aber auch wissenschaftlicher Publikationen fort und findet einen Höhepunkt in der starken Beachtung, die Themen des Nationalsozialismus in den Medien gefunden haben und weiter finden.

Es ist ein Irrtum anzunehmen, daß diese zeitgeschichtliche Sensibilisierung auf die von seinen Verlegern inszenierte Werbekampagne Daniel Goldhagens zurückzuführen ist. Umgekehrt hat sich dieses Buch der vorhandenen zeitgeschichtlichen Aufgeschlossenheit des deutschen Publikums bedient.

Nüchternheit jüngerer Historiker Für die nachwachsenden Generationen sind die traumatischen Belastungen, die für die Älteren kennzeichnend sind, in der Regel nicht gegeben. Man mag das darin sehen, daß die jüngeren Historiker mit einer bewundernswerten Nüchternheit und Präzision an die Aufarbeitung der nationalsozialistischen Verbrechen herangehen und sich nicht scheuen, Gewalt und Brutalität anschaulich zu machen, wovor Historiker meiner Generation zurückschrecken, da sie einerseits den Vorwurf, tendenziös zu sein, fürchten, andererseits sich bewußt sind, daß die Erzeugung emotionaler Betroffenheit einer rationalen Erklärung im Wege steht.

Die Bemerkung von Bundespräsident Herzog in seiner Rede zum 9.November in Berlin, daß die historische Aufklärungsarbeit bei der jungen Generation mit behutsamen Dosierungen verfahren müsse, geht an der Mentalität der Jüngeren vorbei, die die ganze, auch die grausame Wahrheit wissen wollen und die Fähigkeit haben, sie seelisch zu ertragen. Ihr Blick richtet sich stärker auf das Handeln, auch auf die Motivation der einzelnen. Daher verstärkt sich das Interesse an den Biographien der Täter und an der Rekonstruktion konkreter Abläufe wie der Todesmärsche oder der Bedingungen in den Konzentrationslagern.

In dem Maße, in dem die nationalsozialistische Epoche in die allgemeine Geschichte einrückt, wird statt moralischer Stilisierungen eine präzise Analyse gefordert, welche auf die politischen Prozesse abstellt und eine klare Abwägung von Interessen und ideologischen Einstellungen vornimmt, statt mit moralischen Kategorien zu arbeiten.

Die Bubis-Walser-Kontroverse: ohne Teilnahme der jüngeren Generation Bundespräsident Roman Herzog hat in diesem Kontext die Bubis-Walser-Kontroverse begrüßt und Walser zugute gehalten, daß sie "eine wichtige Auseinandersetzung in unserer Öffentlichkeit provoziert" habe, von der er allerdings feststellt, daß sie ohne die Teilnahme der jüngeren (und gutenteils der mittleren) Generation stattgefunden habe. In der Tat ging diese Debatte übrigens wie seinerzeit der Historikerstreit an der jüngeren Generation einfach vorbei. Die Ideengänge Walsers und seines Hauptverteidigers, Klaus von Dohnanyi, erscheinen beide als repräsentativ für die alten Eliten in der Bundesrepublik. Gerade mit steigendem Lebensalter tendieren sie zurück zu den politischen Grundeinstellungen ihrer formativen Jahre, und zu diesen gehört ein klares Bekenntnis zur Nation als politischer Werthaltung.

Keine Rückkehr in eine heile Welt der ursprünglichen Nation

Die von Bubis gerügten sprachlichen Entgleisungen vom Holocaust-Mahnmal als "Monumentalisierung" und "dauernder Präsentation der Schande" und von der "moralischen Keule" des Holocaust sind nur verständlich vor dem Hintergrund einer betont nationalen Einstellung, die in beidem eine unangemessene Herabsetzung des nationalen Selbstgefühls erblickt. Die in der Debatte zum Ausdruck kommende Einstellung ist von dem Wunschdenken geprägt, in eine heile Welt der ursprünglichen Nation zurückzukehren, die es nach dem Holocaust nicht mehr geben kann. Diese Mentalität, die von dem unklaren Bedürfnis bestimmt ist, hinter Auschwitz zurückzufallen, ist begreiflich, aber auf die ältere Generation beschränkt. Ihnen steht die Einstellung des überwiegenden Teils der deutschen Bevölkerung und insbesondere der jüngeren Generation gegenüber, die durch die Erfahrung des Nach-Auschwitz geprägt ist und die mit den zugrunde liegenden nationalen Werthaltungen nur noch wenig anfangen können. Es ist daher nicht verwunderlich, daß sich die Jüngeren, mit wenigen Ausnahmen, in der Debatte nicht zu Worte gemeldet haben, weil sie von einer tiefgehenden nationalen Indifferenz geprägt sind.
Walsers ausgeprägt nationale Grundeinstellung Mit Recht wandte Bubis ein, daß die von Walser gewählte Diktion, die den Begriff des "Verbrechens" mit dem der "Schande" austauschte, nur die subjektivistische Sicht der Täterseite zum Ausdruck bringe. Sie ist verständlich nur, wenn man die ausgeprägt nationale Grundeinstellung Walsers in Anschlag bringt, der es für unerträglich hält, mit den Verbrechen des Nationalsozialismus ständig und in aggressiver Weise konfrontiert zu werden. Sein Protest richtete sich gegen das, was in der anschließenden Debatte als "Überkonfrontation mit dem Holocaust" und von ihm in seiner Frankfurter Rede polemisch als "Dauerrepräsentation unserer Schande" bezeichnet wurde.

Nun ist daran so viel richtig, daß die öffentliche Behandlung des Auschwitz-Komplexes allenthalben in die sattsam bekannte Diktion zurückfällt, Schuldbewußtsein und Betroffenheit zu erzeugen, die moralische Dimension des Geschehens zu isolieren und auf eine konkrete historische Erklärung des Geschehenen zu verzichten. Die Fülle der Gedenkreden neigt zu einer moralisierenden Präsentation spektakulärer Aspekte der Geschichte des Dritten Reiches. In gewisser Weise provozieren sie entgegenstehende Forderungen, endlich einen Schlußstrich unter diesen Teil der Vergangenheit zu ziehen. Beide Attitüden liegen insofern auf derselben Ebene, als sie bei bloßer Betroffenheit stehenbleiben.

Die mehr pragmatische Einstellung der jüngeren Generation Für die nachwachsenden Generationen, die mit einer ausgeprägt pragmatischen Einstellung an diesen Komplex herangehen, ist die moralisierende Sprache, in der die Argumente ausgetauscht zu werden pflegen, fremd und unverbindlich. Die von den Älteren beschworene Befürchtung, daß sich die jüngeren Generationen der Erinnerungsarbeit entziehen könnten, geht gewöhnlich an der Tatsache vorbei, daß sich die Form der Rezeption und Verarbeitung der Shoah anders vollzieht als bei den Älteren, die noch den Hintergrund des funktionsfähigen Nationalstaates vor Augen haben.

Für diejenigen Alterskohorten, die nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges geboren sind, stellt die nationalsozialistische Periode den entscheidenden Bezugspunkt ihres historisch-politischen Denkens dar, und die Shoah nimmt darin eine zentrale Stellung ein. Die nationalsozialistischen Verbrechen werden von ihnen nicht als moralische Bürde empfunden, sondern als Herausforderung, die Wiederkehr vergleichbarer Erscheinungen zu verhindern.

Für die meisten Jüngeren ist der ältere deutsche Nationalstaatsgedanke blindgeworden. Selbst die Geschichte der Weimarer Republik stellt für sie im Grunde nur ein abgesunkenes Bildungswissen dar. Das gilt erst recht für die Traditionen des Bismarckreiches. Die nationalsozialistische Periode ist für ihre historisch-politische Orientierung der entscheidende Einsatzpunkt. An die Stelle des herkömmlichen Nationalgefühls tritt das Bewußtsein der Zugehörigkeit zu einer historischen Verantwortungsgemeinschaft, die wesentlich durch die distanzierende Erinnerung an den Nationalsozialismus konstituiert wird und als Verfassungspatriotismus sich aller pathetischen Accessoirs und Rituale des klassischen Nationalismus entledigt hat. Daher ist das Rekrutengelöbnis der Bundeswehr nicht mehr verbindlich zu machen, da dessen traditionelle Grundlagen ausgeronnen sind. Die Erinnerung an den Holocaust ist ein Bestandteil dieser neuen historisch-politischen Bewußtseinsbildung, die mit den nationalmoralischen Gewissensbissen Martin Walsers nichts mehr gemein hat.

Angemahnt wird: mehr Vertrauen in die junge Generation Bundespräsident Herzog hat in seiner Rede im Deutschen Bundestag vom 27.Januar, frühere Stellungnahmen abwandelnd, nachdrücklich dafür plädiert, mehr Vertrauen in die junge Generation auch im Hinblick auf die Erinnerungsarbeit zum Holocaust zu setzen. Das in der Öffentlichkeit immer wieder durchbrechende Mißtrauen, die jüngere Generation werde die ihr anvertraute Pflicht zur Erinnerung ausschlagen, spiegelt überwiegend die Unsicherheit der Älteren, wie sie mit dem Erbe des Holocaust umgehen sollen.

Dazu gehört auch die Befürchtung, daß die Jüngeren ideologisch nicht hinreichend gefestigt seien und bei ihnen ein Rückfall in faschistische Ideengänge eintreten könne. Bezeichnend dafür ist die im Januar-Heft der Monatsschrift "Die Tribüne" veröffentlichte Meinungsumfrage von Alphons Silbermann, die, wie er meint, eine erschreckende Unkenntnis der Geschichte des Holocaust gerade bei Teilen der jüngeren Generation belegt. Danach wußte jeder fünfte Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren nichts mit dem Namen Auschwitz anzufangen; was, gemessen an den generell begrenzten historischen Kenntnissen, nicht erstaunlich ist. Andererseits traten mehr als 73 Prozent der zweiten und dritten Nachkriegsgeneration für "die Wichtigkeit des Erinnerns" ein und über 90 Prozent dieser Altersgruppen versprechen sich von ihm, "daß sich solche Greueltaten nicht wiederholen".

Das ist im Unterschied zu der sehr skeptischen Auswertung durch Silbermann und zur Schlußfolgerung Michel Friedmans, eine umfassende Aufklärungsoffensive unter der jüngeren Generation in Gang setzen zu sollen ein durchaus zufriedenstellendes Ergebnis, das mit der eingangs erwähnten erhöhten Sensibilisierung gerade der jüngeren Alterskohorten gegenüber dem Nationalsozialismus übereinstimmt. Parallele Untersuchungen zur Intensität des Antisemitismus in Deutschland ergeben eine klare Korrelation zwischen Lebensalter und Intensität antisemitischer Vorurteile, die vor allem bei der älteren Bevölkerung auftreten und als ideologischer Restbestand zu interpretieren sind. So sehr wiederkehrende antisemitische Vorfälle ernst genommen werden müssen, so wenig ist der Rückschluß zulässig, daß der Antisemitismus bei den Angehörigen der jüngeren Generation aszendent ist. Das Gegenteil ist der Fall.

Eine neue politische "Normalität"? Die Walser-Rede und die Debatte, die sie ausgelöst hat, erscheinen vor diesem Hintergrund als Reflex der Hoffnungen einer von ihren Führungspositionen abtretenden älteren Generation, noch einmal über den Inhalt der von ihr reklamierten politischen "Normalität" zu bestimmen.

Diese Position, die bestrebt ist, den fundamentalen Bruch, den das Geschehen von Auschwitz für die deutsche und die abendländische Geschichte bedeutet, einzuebnen, ist sicherlich repräsentativ für breite Teile der bisherigen deutschen Funktions- und Bildungselite. Gleichwohl ist sie mit dem fortschreitenden Generationswandel rezessiv und weicht einer neuen politischen "Normalität". Sie ist geprägt durch die anhaltende nationale Indifferenz, die letzten Endes auf die nationalsozialistische Perversion nationaler Werte reagiert. Nicht der Blick zurück, sondern die Offenheit für die Herausforderungen der Zukunft scheint ihre Mentalität zu bestimmen.

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© Wolfgang Hieber 1998-2009