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Die jungen Deutschen: Schuld - Scham - Schande? | ||
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Der
Vergleich mit dem Erbrecht zeigt: man tritt das Erbe seiner Vorfahren mit
Soll und Haben an. Niemand wächst im Nirgendwo auf. Geschichtslos
sein wollen heißt: die Verantwortung los sein wollen.
Schuld kann nicht verjähren. Nur ein staatlicher Strafanspruch. Schuld kann allenfalls vergeben werden. Viele zögen es vor, wenn die Erinnerung unausgesprochen bliebe: Zum Beispiel, damit die Lebenden ein normales Leben führen können. Aber diese Einstellung zur Normalität ist eine Beleidigung für die meisten Überlebenden wie auch für diejenigen, die sich als rechtmäßige Repräsentanten der Opfer betrachten. Man muß zwischen Erinnerung und Schuld unterscheiden. Schuld ruft nach Vergeltung. Jeder Kriegsverbrecher muß für seine Schuld voll und ganz büßen. |
I | Das
Weitergeben von Schuld an die nächste Generation bringt keine Heilung
und kann eine sehr zerstörerische Wirkung haben. Schuld ist immer
etwas Persönliches.
Schuld stirbt mit den Schuldigen. Verantwortung für eine bessere Zukunft besteht fort. Eine moralische Schuld, die sich weitervererbt wie ein angeborenes Defizit in der Abstammung - das ist Rassismus in Reinform. Ich kann weder denken noch fühlen, daß junge Deutsche an der Schande ihrer Nation tragen müssen. Für mich sind junge Deutsche sowenig belastet und zugleich über das Menschenmögliche so warnend belehrt wie junge Dänen und junge Franzosen. |
Rückkehr zur Normaliltät? | ||
Es
ist schädlich, für eine Kultur des Wegschauens zu plädieren.
Diese Haltung hat viel Schlimmes angerichtet.
Wesentlich ist, daß die Erinnerung das Bewußtsein wachhält, daß sich etwas so Furchtbares nie wiederholen darf. Normalität kann und darf es nie geben. Wer einen Schlussstrich ziehen will, tut den ersten Schritt zu der Meinung: "So etwas hat es nie gegeben". |
Einen
Schlussstrich will und kann niemand unter die Vergangenheit ziehen.
Aber wir sollten aufhören mit dieser so deutschen "Schuldkultur" und
der permanenten Selbstbezichtigung. Das kann auf Dauer nichts heilen, sondern
nur schaden.
Der zeitliche Abstand zum Holocaust ist groß genug, um jetzt der jungen Generation in Deutschland ein Leben ohne die "Dauerrepräsentation der Schande" zu ermöglichen. |
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Vergangenheitsbewältigung? | ||
Deutschland hat mit seiner Vergangenheit einen vorbildlichen Umgang, und seine Nachbarn wären gut beraten, sich daran ein Beispiel zu nehmen. | Die immer wiederkehrenden Schuldbekenntnisse gehen nicht tief. Man möchte sich nur, dem Ausland gegenüber, musterhaft verhalten. Echte Betroffenheit ist wenig zu spüren. | |
Öffentliches oder privates Gewissen? | ||
Der
Umgang mit diesem unheilbaren Skandal in unserer Geschichte kann nicht
im Belieben des Einzelnen stehen. Die Erinnerung daran darf nicht privatisiert
werden.
Kollektives Gedächtnis ist eine unentbehrliche Grundlage für politisches Handeln. |
Mit seinem Gewissen ist jeder allein. Es kann keiner vom anderen verlangen, was er gern hätte. Das ist Gewissensfreiheit.
Kollektives Gewissen - das hat, in Verbindung mit Ideologie, schon viel Unheil gebracht. Nicht die Gesellschaft, sondern das Individuum ist der Maßstab. |
Meine Meinung zum Thema "Vergangenheitsbewältigung"
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© Wolfgang Hieber 1998-2009