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Mit Freunden in Prag

Silvester auf der Karlsbrücke

Jan S., 17, ist - zusammen mit Freunden - aus München mit dem Zug nach Prag angereist. Sie haben dort unter vielen deutschen Touristen Silvester auf der Karlsbrücke gefeiert.

"Wir waren zu dritt da. Mit einem Freund und einer Freundin. Wir hatten viel Spaß, es wurde ständig gelacht. So viel, daß wir fast schon Muskelkater davon bekamen. Und sind sehr gut essen gegangen. Am Silvestertag haben wir bis 5 Uhr nachmittags gepennt. Dann sind wir so langsam raus. Erst war alles ruhig. Sind so durch die Stadt gezogen und auf die Karlsbrücke gegangen. Da war's dann unglaublich voll. Fast schon zu viel."

Ruhe vor dem Sturm
Auf der Karlsbrücke in Prag am Nachmittag des 31.12. Die deutschen Silvester-Touristen bummeln noch gemütlich über die Brücke. Am Abend ist hier der Teufel los.
Ruhe vor dem Sturm
Foto: Jan S.

"Um halb zwölf wollten wir noch einen Sekt kaufen, in einer kleinen Gasse. Überall nur Betrunkene, und alle werfen sie dir ihre riesen Böller vor die Füße. Und du kannst nichts machen. Dich auch nicht beschweren, die sind ja alle stockdicht. Da haben wir schon etwas Panik bekommen. Sekt war auch nicht mehr zu haben, weil es im Laden eine Schlägerei gab.

Auf der Brücke ging die Böllerei schon um halb zwölf los. Die Leute alle total betrunken. Der Großteil entweder Deutsche oder Italiener. Tschechen so gut wie keine auf der Brücke. Die Leute haben den anderen die Böller oft direkt in die Gesichter geschmissen. Man hat schon ein bißchen Angst bekommen. Wirklich. Richtige Überlebensängste. Auf die Statuen links und rechts an der Karlsbrücke sind die Leute raufgeklettert und haben sich ganz oben auf die Spitze gesetzt. Jeder weiß, daß da jedes Jahr einige runterfallen und sterben. Ich habe, wenn es Deutsche waren, sie oft gebeten, da runterzukommen. Andere haben von unten mit einem Stab, aus dem Leuchtkugeln rausgeschossen kommen, versucht, die Leute damit von den Steinfiguren herunterzuschießen. Einfach total durchgedrehte Typen.

Um zwölf dann Korkengeknalle, überall Sekt, wir waren von oben bis unten mit Sekt voll. Sie haben die Flaschen noch besonders geschüttelt, damit der Sekt so richtig herumspritzt. Wir hatten ja keinen mehr bekommen und haben uns bei den anderen bedient. Bei jedem ein Küsschen, dafür ein Schluck Sekt. War ganz schön. Wir haben's überlebt."

"Man hat Angst bekommen"
Johlend steigen Betrunkene die Statuen der Brücke hoch. Andere versuchen, sie von unten mit einem Stab von Leuchtkugeln abzuschießen. Ein lebensgefährliches Spiel.
Man hat Angst bekommen
Foto: Jan S.

"Hinterher, so um halb eins, der Mob - der besoffene - war dann weg, und es blieben die ruhigeren Leute da. Wir sind so drei bis vier Stunden immer die Brücke hin und her gegangen, haben die Leute begrüßt, jedem "ein gutes neues" gewünscht. Das war total schön. So was gibt es bei uns in Deutschland kaum. In Prag bekommst du von jedem ein Küßchen links, ein Küßchen rechts. Da haben wir unheimlich viele Leute kennengelernt. Alle Nationalitäten waren dabei, Nigeria, Peru uns so. Deutsche haben wir gern verarscht, sie auf Englisch angesprochen und so.

Am Schluß haben wir Personenraten gemacht, wer kommt von wo, haben gewettet, sind zu jedem hin und haben sie gefragt. Es ging dann auch um Geld. Wir haben extra noch gelernt, was "Ein gutes neues Jahr" auf tschechisch heißt. Wir konnten es aber nie anbringen, bis wir dann irgend so einen Polizisten gefunden haben, er war der einzige Tscheche weit und breit. Die Tschechen halten sich an Silvester von der Karlsbrücke fern, das hätte ich auch nicht gedacht.

Fünf Uhr morgens sind wir nach Hause. Alle total fertig, aber alle glücklich."

Wie ich Silvester gefeiert habe

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© Wolfgang Hieber 1998-2009